Hunderte Fachwerkhäuser säumen die Gassen in der Altstadt von Osterode, der historischen Bergbau- und Handelsstadt am Südrand des Harzes. Bei den prächtigsten Gebäuden lohnt es sich, genauer hinzusehen, denn die geschnitzten und farbenfroh bemalten Fassaden erzählen die Geschichten der Häuser. Zum Beispiel beim Gasthof zur Ratswaage, nur ein paar Schritte vom mittelalterlichen Marktplatz entfernt. Erbaut 1550, wurden in dem dreistöckigen Fachwerkhaus einst Waren gewogen und gemessen. Davon zeugt ein Waagebalken, der hoch oben vom auskragenden Giebel herabhängt. Die goldene Inschrift auf dem Querbalken verrät, dass es außerdem als Hochzeitshaus diente – als “Hus für Hochziter”. Eine eigene Hochzeitsordnung regelte einst den Ablauf der Feiern, zu denen auch kulturelle Feste zählten. In späteren Jahrhunderten diente die Ratswaage als Posthalterei und als Kino.
Legenden und Anekdoten
Von der Giebelspitze der Ratswaage blickt eine geschnitzte Schandmaske herab. Sie sollte Schaden vom Haus fernhalten, aber das hat nicht ganz geklappt. Denn 1969 brach ein Feuer aus und zerstörte die historischen Innenräume. Die Fassade jedoch blieb erhalten und wurde liebevoll restauriert. So lässt sich über dem Türbogen zwischen dem halbkreisförmigen Sonnenrosenschmuck auf einem Wappen mit Posthorn eine weitere Inschrift entziffern: “dat sin nicht alle Jeger de de Horn blasen.” Ob dieser Spruch aber auf die ehemalige Posthalterei anspielt oder vielleicht auf eine Familie Jäger als Erbauer und Bewohner, das ist bislang nicht geklärt. Welche Legenden und Anekdoten sich noch um die Sehenswürdigkeiten in Osterode ranken, ist auf einem geführten Stadtrundgang am besten zu erfahren. Bei einer Turmführung auf die St. Aegidien-Marktkirche etwa lässt sich die ganze Altstadt in ihren historischen Stadtmauern überblicken. Führungen und alle weiteren Informationen sind unter www.osterode.de zu finden.
Fünf Städte setzen sich in Szene
Die mittelalterliche Stadt Osterode ist eine Etappe der Deutschen Fachwerkstraße, die sich von der Elbe bis zum Bodensee erstreckt. Außerdem hat sie sich mit vier weiteren Städten in Südniedersachsen zum “Fachwerk5Eck” zusammengeschlossen: Duderstadt, Einbeck, Hann. Münden, Northeim und Osterode setzen ihre kulturellen Schätze gemeinsam in Szene und laden zu Besuchen und Besichtigungen ein. Sie haben neben den geschichtsträchtigen Fachwerkbauten auch Museen und Ausstellungen, Veranstaltungen und Freizeitbäder zu bieten, sowie Naturerlebnisse für die ganze Familie. Als Tor zum Harz lädt Osterode zum Wandern ein: Beliebte Fernwanderwege wie der Harzer Baudensteig führen hier in den Nationalpark Harz.